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Seit
Menschengedenken fließt ständig frisches Wasser aus einer Quelle, die
tief zwischen den Bäumen des Merlauer Burgwalds verborgen ist. In der
Landschaft gibt es Hinweise auf eine keltische und vielleicht
vorkeltische Siedlung in diesen Wäldern. Der Burgwald war mit
Sicherheit bewohnt. Unter anderem zeigt ein terrassenförmig angelegter
Hang, dass dieser Ort viele Jahrtausende lang bewohnt war. Die ständig
fließende Quelle, die heute Eichbörnchen heißt, war für diese frühen
Bewohner des Burgwalds lebenswichtig.
Später floss das Wasser des Eichbörnchens den Berg hinunter und speiste bereits Ende des 16. Jahrhundert den Brunnen des Merlauer Schlosses, das von Landgraf Ludwig IV (Hessen-Marburg) erbaut wurde. Das Schloss gibt es schon lange nicht mehr, aber das Eichbörnchen floss weiter und war Teil des Lebens in Merlau. Einst wurde es durch ein kleines Steinhaus geschützt, das im Laufe der Zeit umgebaut wurde, bis es kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs noch mit einer einfachen Holzkonstruktion überdacht war. So ist das Eichbörnchen seit vielen, vielen Jahren ein Ort der Begegnung mit der Natur und Teil der Geschichte von Merlau, versteckt und doch leicht zugänglich. Das Eichbörnchen ist in der Tat ein hoch geschätzter Ort, der von den Einheimischen zweifellos respektiert und geachtet wird. Aus alter Zeit ist es Tradition, dass Eltern und Großeltern, Geschwister und Paten das Taufwasser als „lebendiges Wasser“ aus dieser Quelle für ihre Kinder entnehmen, um damit die christliche Taufe durchführen zu lassen. Dieses alte Brauchtum hat eine immense Bedeutung. Auch aus diesem Grund ist das Eichbörnchen von großem kulturellem Wert für die Dorfgeschichte. So wurden viele Merlauer mit dem Wasser aus dem Eichbörnchen getauft. Ein Zitat von einem Merlauer.... "Das Eichbörnchen hat auch für mich eine besondere Bedeutung, weil ich mit diesem Wasser getauft wurde. Es ist ein Stück meiner Kindheit mit schönen Erinnerungen. Sonntags ging ich immer mit meiner Familie dorthin, um Wasser zu trinken." Es gibt viele Menschen hier in Merlau und den umliegenden Dörfern, die das Gleiche sagen könnten.
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Und doch ändern sich heute die Dinge.
Biologen und andere Wissenschaftler sind besorgt, dass unsere Natur
durch die Veränderungen, die das moderne Leben in die Welt gebracht
hat, gestört wird. Daher hat der Natur- und Quellenschutz eine ganz
besondere und wichtige Bedeutung in der heutigen Zeit. Dies gilt auch
für den Burgwald. Um den Lebensraum von Pflanzen und Tieren um eine und an einer Quelle eventuell zu begünstigen, sollen diese unter bestimmten Voraussetzungen, falls von Menschenhand verändert, wieder naturbelassen zurück gestaltet werden. Und so wurde seitens des Vereins für Höhlen- und Karstforschung und der Unteren Naturschutzbehörde des Vogelsbergkreises die Notwendigkeit zum Rückbau des Eichbörnchens in eine „natürliche Quelle“ gesehen, wobei das Forstamt Schotten mit der Ausführung der Maßnahme beauftragt wurde. Unberücksichtigt bei dieser Renaturierung blieb, dass das Eichbörnchen im Burgwald sowohl ein Naturdenkmal, als auch Kulturdenkmal ist und es der vorherigen denkmalrechtlichen Genehmigung für diese Maßnahme bedurft hätte. Die Vorschriften des Quellenschutzes besagen, dass vor der Umgestaltung einer Quelle kulturhistorische oder denkmalpflegerische Werte zu prüfen sind. |
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Blick auf das Eichbörnchen, wie es früher einmal war |
Leider wurde im Herbst 2020 unter Außerachtlassung dieser Vorschriften das Eichbörnchen einfach renaturiert und die Einfassung der Quelle auf Anweisung der Unteren Naturschutzbehörde maschinell ausgegraben und entfernt, so dass man bis heute nur noch einen leeren, schlammigen Graben vorfindet.
Und so hat die moderne Hand das Eichbörnchen auf etwas reduziert, das
nicht wiederzuerkennen ist. Ein historisches Wahrzeichen wurde
zerstört, das in unserer Gemeinde seit Jahrhunderten besucht und
genutzt und seit Jahrzehnten geliebt und geschätzt wird und es bleibt
nur noch eine schlammige Pfütze als Zeichen dafür, wo es einst floss.
Im letzten Sommer ist die Quelle sogar trocken gefallen. Merlau hat das
Eichbörnchen und alles, was es je bedeutet hat, verloren.
Die Bemühungen für eine Rückgestaltung, der dazu ergangene Schriftverkehr und die notwendigen Gespräche mit den Verantwortlichen bleiben seit zweieinhalb Jahren ergebnislos. Die aktuelle Situation ist mehr als unbefriedigend und wird von der Merlauer Interessengemeinschaft nicht akzeptiert, wofür sogar eine Unterschriftenaktion der Bürger durchgeführt und vorgelegt wurde.
Die Verpflichtung zur Wiederherstellung des alten Zustandes des
Eichbörnchens als Natur- und Kulturdenkmal ergibt sich aus dem
Hessischen Denkmalschutzgesetz und wird nun mit der Unterstützung des
Landesamtes für Denkmalpflege in Marburg, der Gemeinde Mücke sowie des
Kirchenvorstandes Merlau gemeinsam fortgesetzt.
Die historische Geschichte des Eichbörnchens sollte hier nicht enden, aber zu einem guten Ende gebracht werden.
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Und so sieht das Eichbörnchen heute aus..![]() Zurück zur Hobstallstowwe-Hauptseite |